Die renommierten deutschen Wochenzeitschriften hatten letzte Woche wieder mal die Meinungsfreiheit zum Thema. Als ich die Titelzeilen beim Vorbeigehen am Kiosk und im Supermarkt an der Kasse las, rollte ich nur mit den Augen.
Ich kenne mittlerweile die Parameter, mit denen diese klassischen „Westlichen Medien“ (im Sinne von Hamid Dabashi) dieses Thema diskutieren. Dazu gehört, dass es für sie total normal ist, die „Meinungsfreiheit“ von Palästinenser_innen zu beschneiden und das von Palästinenser_innen erlittenem Unrecht zu ignorieren und minimieren.
Rasmea Odeh, Folterüberlebende des israelischen Militärgerichts, nach jahrzehntelangem Leben in den USA dort unter Berufung auf Aufenthaltsrecht ausgewiesen, durfte nicht nach Deutschland einreisen, um bei einer Veranstaltung über palästinensische Frauen zu sprechen. Lila Abid Sharif, deren Vortrag an der FU in letzter Minute abgesagt wurde. Die pro-palästinensische BDS (Boycott, Desinvestitionen, Sanktionen) Bewegung, die jetzt per Bundestagsbeschluss als antisemitisch diffamiert ist. Letzte Woche die Ausladung in letzter Minute von Anna Esther Younes von einer Konferenz der Partei Linke, auf der sie den aktuellen Islamophobie-Report besprechen hätte sollen.
Das sind nur die paar Beispiele, in Bezug auf Deutschland, die mir gerade am schnellsten eingefallen sind bzw. ganz aktuell sind. Diese Beispiele fehlen oder sind extrem marginal in Mainstream-Diskussionen über Meinungsfreiheit. Aus der Defensive heraus ist es manchmal wichtig, sich auf das Recht auf Meinungsfreiheit zu berufen und in die Diskussion um Meinungsfreiheit einzuklagen. Ich will hier gerne einen anderen Rahmen geben:
Es sind nicht nur die Rechtsextremen präsenter geworden, sondern auch der vermeintliche „Kampf gegen Rechts“ rassistischer. Bisschen plakativ gesagt: Deutschland rückt nach rechts, der offizielle Antirassismus (einschließlich Anti-Antisemitismus) rückt mit. (Rassismus ist nicht nur ein Problem von „Rechts,“ deshalb sind diese plakativen Formulierungen nicht ganz akkurat. Es spiegelt vielmehr wieder, wie „gegen Rechts“ und „gegen Rassismus“ miteinander vermischt werden.) Mit der Bundestagsresolution, die es offiziell machte, dass die Bekämpfung der BDS-Bewegung aus Sicht des deutschen Staates als Bekämpfung von Antisemitismus gilt, steht meiner Empfindung nach für alle Akteur_innen in diesem Bereich die Frage im Raum, ob sie bei dieser brutalen Farce mitmachen, um weiter ihre Fördergelder zu kriegen und zu gut finanzierten Veranstaltungen eingeladen zu werden. Oder sich zu denen gesellen, die nicht mitmachen und dafür eben im Zweifelsfall ausgeladen, gekündigt und ohne Finanzierung stehen gelassen werden.
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