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Palästina und das K-Fetisch

Berlin, 25.5.2018

Offener Brief an das k-fetisch Kollektiv bezüglich Tina Sanders‘ “Elemente des linken Antisemitismus”

Guten Tag,

ich habe soeben auf Youtube den Vortrag “Elemente des linken Antisemitismus” von Tina Sanders angehört, der wohl für den 29.5.2018 bei Ihnen als Veranstaltung geplant ist. Hierzu möchte ich Ihnen meine Meinung mitteilen.

Der Vortrag stellt Solidarität mit Israel als erstrebenswert und notwendig dar, um Antisemitismus entgegenzutreten. Diese Position halte ich angesichts der krass anti-palästinensischen israelischen Politik für absolut menschenverachtend. So ist Gaza dank der israelischen Blockade ein unlebbarer Raum geworden, in dem die dort eingesperrten Palestinenser_innen an der Schwelle zwischen Leben und Tod existieren. Wer die Möglichkeiten hat, sich darüber z.B. über das Internet zu informieren und es nicht tut, ist selbst für sein Unwissen verantwortlich.

In Tina Sanders‘ Vortrag findet das keine Erwähnung, sondern es wird einfach als anti-antisemitische Grundweisheit dargestellt, dass es angesagt ist, mit Israel solidarisch zu sein. Auch die von Max Blumenthal und David Sheen angeprangerten Kriegsverbrechen Israels werden keineswegs inhaltlich beleuchtet und analysiert. Stattdessen tut Sanders die Aussage, dass Israel Kriegsverbrechen verübt hat, einfach als offensichtlich falsch und offensichtlich antisemitisch ab. Ebenso wird mit der Kritik an Israel als Apartheid-Regime umgegangen: Sanders versichert ihrem Publikum ohne inhaltliche Auseinandersetzung, dass dieser Begriff völlig falsch sei, und behandelt ihn als ein weiteres Beispiel von Antisemitismus in der Linken. Dabei stört es Sanders‘ Argumentation auch nicht, dass viele der von ihr als antisemitisch befundenen pro-palästinensischen Stimmen innerhalb der Linken Jüd_innen sind.

Ich kann solch eine Position nicht ernst nehmen als Kritik an Antisemitismus, da ich nicht glaube, dass eine Positionierung gegen Antisemitismus als eine spezifischen Ausprägung von Rassismus gegen Jüd_innen nicht auch eine Sensibilität dafür zeigen würde, dass es auch falsch ist, anderen Menschen Gewalt, Verachtung, und eine Verweigerung des Rechts auf Leben und Freiheit entgegenzubringen. Wenn ich von solch einer Sensibilität jegliche Spur vermisse, dann komme ich nicht um das Urteil umhin, dass es sich mit dieser “Antisemitismus-Kritik” um eine Art Steckenpferd handelt, mit dem mensch sich als Expert_in profilieren (und vielleicht Karriere machen) kann, und mit dem gleichzeitig anti-palästinensische Propaganda betrieben wird.

Zusätzlich zu seiner verachtenden Haltung gegenüber Palästinenser_innen ist mir der Vortrag auch wegen seiner anti-muslimischen Stoßrichtung zuwider. So schließt er mit der These, dass der Islam “niedergeschlagen werden” müsse, “wenn er in der Gestalt des Islamischen Staates, des iranischen Regimes, (…) daherkommt.” Richtig gelesen: niedergeschlagen! Was soll dieser Kriegsaufruf gegen “den Islam” in seinen üblen „Gestalten“?

Als wäre dies nicht genug, bedient sich Sanders in erprobter kolonialfeministischer Manier am Stereotyp einer homogenisierten Unterdrückung von Musliminnen und instrumentalisiert diese für ihre Variante des Anti-Antisemitismus und der Israel-Solidarität. Mit einer unverantwortlichen Karusselfahrt, die bei “Kopftuchzwang” beginnt und “Ehrenmorden” endet, und die ich als epistemische Gewalt verstehe und deshalb nicht in Gänze zitiere, stellt Sanders die unterschiedlichsten Gewaltformen und Verbrechen als ein übles islamisches Ganzes dar, und lamentiert, wie “ein großer Teil” der Musliminnen unter den “von ihren Glaubensbrüdern und -schwestern auferlegten Verhältnissen” leidet. Dabei islamisiert Sanders die von ihr aufgezählten Unterdrückungen und blendet deren unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen aus sowie die Widerstände dagegen, die von Muslimischen Aktivist_innen getragen werden.

All das ist sowieso nicht wirklich Sanders‘ Thema. Das, was Sanders als typisch antisemitisch darstellt, nämlich die Welt nach einem einfachen Schema in Gut und Böse aufzuteilen, ist leider auch in diesem Vortrag allzu präsent.

Mit freundlichen Grüßen,

Johanna Rothe

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